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Kann Weiß gewinnen ???

Freitag, 18. November 2011

Savielly Tartakower, etwas mehr als Schach

 
 

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via Schach und Kultur von Frank Mayer am 17.11.11



Copyright © 1999 Miriam Friedman Morris http://www.kb.nl/vak/schaak/portretten/friedmann/index-en.html Savielly Tartakower wurde in Rostov (Russland) am 21. Februar 1887 geboren. Er starb am 5. Februar 1956 in Paris (Frankreich). Wie viele seiner damaligen Zeitgenossen hatte Tartakower ein wahrhaftiges Wanderleben. Obwohl russischer Herkunft (sein Vater war Österreicher und seine Mutter Polin) zog es ihn nach Österreich-Ungarn, wo er bis zum Ende des Ersten Weltkrieges lebte.Nach dem Krieg emigrierte er nach Polen, wobei er die polnische Fahne als seine Eigene trug;  am Ende seiner Tage spielte er unter der französischen Flagge. Vier Nationalitäten während eines Lebens sind eigentlich zuviel, aber seinerzeit war es normal, von einem Land zum anderen zu fliehen aufgrund der verheerenden Kriege in Europa.Seine Kindheit verbrachte er in seiner Heimatstadt und musste mit 12 Jahren erleben, dass seine jüdischen Eltern bei einem Pogrom ermordet wurden. Später studierte er Rechtswissenschaften in Genf, um letztlich in Wien den Doktorgrad zu erwerben. 
Es war in jener Stadt, in der er anfing, sich dem königlichen Spiel zu widmen. In dem Jahrzehnt vor dem Ersten Weltkrieg war Wien das Mekka des Schachs. Dort trafen sich die besten Spieler Europas, und die viel versprechenden jungen Talente versuchten, eine Teilnahme an internationalen Turnieren zu erspielen. Einer von solchen Talenten war Savielly Tartakower, der den Vorteil eines so günstigen Umfeldes für die Verbesserung seiner Spielstärke sofort erkannte. 1906 gelang es dem 19jährigen, die deutsche Liga (in Nürnberg) bei 50 Teilnehmern zu gewinnen, ein Ergebnis, das ihm das Tor zu internationalen Turnieren weit aufstiess. Sein 3./4. Platz in dem Wiener Turnier von 1907 (sein erstes großes Turnier) war eine Überraschung. Damit wurde Tartakower bereits eine vielversprechende Zukunft vorausgesagt. Jedoch wurde diese kometenhafte  Entwicklung bei den nächsten Turnieren gebremst, weil er nicht die Leistungen erbrachte, die man von ihm erwartete.                                               Foto: jimpoz.com Erst nach dem Krieg zeigte Tartakower sein wahres Niveau und begann, im oberen Teil der Ranglisten zu erscheinen und auch einen brillanten Angriffsstil zu zeigen. Durch diese Form des Spiels gewann er viele Anhänger, die sich immer noch gern an die spektakulären Spiele der letzten romantischen Epoche erinnerten. Die Turnierwelt ist hart und unbarmherzig mit schwächeren Spielern. Savielly Tartakower konnte diese Erkenntnis in eigener Person erleben, aber nach und nach sammelte er die notwendigen Turnier-Erfahrungen, um schliesslich seinen Höhepunkt als Spieler zu erreichen. Foto: chessbase.de 

Ab  dem Jahre 1923 begann er regelmässig Turniere zu gewinnen, und wenn er nicht unbedingt den ersten Platz erzielte, befand er sich aber immer im oberen Bereich der Schlusstabelle. Diese guten Leistungen konnte er bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges bringen, aber danach liessen seine Kräfte doch erheblich nach.

Doch als großer Liebhaber des Schachspiels nahm er immer wieder an Turnieren teil und spielte bis ein Jahr vor seinem Ableben.

Nachstehend seine Ergebnisse:

 

ERGEBNISSE EINZELMATCHS


Tartakower war ein Pionier, nicht nur aufgrund seines Spielaufbaues und dessen Auffassung, sondern auch wegen der Art sich vorzubereiten.

Er entschloss sich, an so vielen Turnieren wie möglich teilzunehmen, d. h. er suchte nach der optimalen Form, in dem er so viele wie mögliche Turnierpartien spielte. Dies war ein Novum in jenen Tagen, da die grosse Anzahl der Meister eher in einem warmen Zuhause studierten und analysierten, wenn Neuerungen veröffentlicht wurden.

Solche dynamische Vorbereitung wurde später auch u.a. von Bronstein, Tal oder Stein übernommen.

Während des Zweiten Weltkrieges kämpfte er in den Reihen der Freien Französichen Streitkräfte, vor allem in der Resistance, die sich gegen die Nazi-Besetzung Frankreichs wehrte. Er war unter dem Pseudonym "Lieutenant Cartier" bekannt und stand auch in London unter Befehl von Charles de Gaulle,

 

 

Foto: 75.125.242.10/images/ De_Gaulle-OWI.jpg

 

was ihn dazu brachte, mehrmals im Fallschirm hinter den feindlichen Linien abzuspringen.

 

Savielly Tartakower 1915 als Leutnant der österreichisch-ungarischen Armee mit Kriegsauszeichnungen.

 

Foto: chessbase.de

 

Es gab eine tiefe Verbundheit zu Charles de Gaulle, so dass der General ihm nach Beendigung des Krieges einen hohen Posten in seinem Kabinett anbot, den Tartakower aber mit der Begründung ablehnte:

„Ich bin Schachmeister, Schriftsteller und Journalist, aber kein Politiker."

 

Man kann mehr über die Geschichte des „Lieutenant Cartier"  in einem anderen Artikel in 'Chess attack' lesen.

Sein Beitrag zum Schach bestand nicht nur aus Teilnahme an Turnieren, sondern er schrieb mehrere Bücher, eine Broschüre zum Erlernen des Schachs, die von zigtausenden französischer Interessierten abonniert und später in deutscher Sprache gedruckt wurde.

 

 

Er machte sich auch als Chronist von Turnieren in Zeitschriften und Zeitungen einen Namen, so dass er bald als der beste Schach-Journalist des Jahrhunderts betrachtet und scherzhaft als "Weltmeister der Journalisten" bezeichnet wurde.

Tartakower leistete auch seinen Beitrag zur Theorie der Eröffnungen; u.a  wird ihm die katalanische Eröffnung zugeschrieben, nachdem er den Organisatoren des internationalen Schachturnieres in Barcelona 1929

Zum Vergrössern, bitte draufklicken.

Foto: javiastu.blogspot.com

 

 

versprach, eine entsprechende Eröffnung während des Wettbewerbes zu entwickeln. Darüber hinaus war er auch der ursprüngliche Schöpfer der Orang-Utan-Eröffnung (1.b4).

Tartakower spielte meistens nicht die in der damaligen Zeit üblichen Eröffnungen, so dass sein Eröffnungsrepertoire als schwächer angesehen wurde, sondern er untersuchte tiefe und neue Wege.

Aus diesem Grund kamen mehrere Eröffnungen wieder in Mode, die im 19. Jahrhundert gespielt wurden. Sein Stil war typisch für die hypermoderne Schule. Die Anhänger dieser Entwicklung wollten mit den klassischen Dogmen im Stellungsspiel brechen und ein lebhafteres Spiel verfolgen.

Obwohl sie nicht so kühn wie die Romantiker waren,  versuchten sie aber mit  brillanten Opfern die Partien abzuschliessen, so dass uns viele Kunstwerke geblieben sind. Tartakower ähnelte fast vollständig diesem Profil, beherrschte das Positionsspiel, aber immer wenn möglich, opferte er eine Figur.

Er war auch Schachlehrer großer Spieler (darunter Miguel Najdorf),

 

Foto: taringa.net

 

und sein liebenswürdiger Charakter brachte ihn dazu, einige junge talentierte Spieler  unter seine Fittiche zu nehmen, in dem er ihnen viele Strategien beibrachte, die man eigentlich erst nach einem Leben voller Erfahrungen erwerben konnte.

 

Dr. Savielly Tartakower und Paul Keres 1938

Foto: chessbase.de
Aber Savielly Tartakower hat sich nicht nur dem Schach gewidmet (daher auch der Titel dieses Artikels), sondern neben Schachbüchern auch Drehbücher für Filme geschrieben und Literatur russischer Poesie ins Deutsche und Französische übersetzt.

Richard Reti widmet in seinem berühmten Buch "Die Meister des Schachbretts" (1930) ein paar nette Worte seinem Freund Savielly Tartakower:

"Durch seinen Esprit, der sich gern in Aphorismen und Paradoxe äussert, macht er zunächst auf jedermann einen bestechenden Eindruck. Dann pflegt man kritisch ernüchtert zu werden, da man hinter all dem glänzenden Geistesgefunkel Oberflächlichkeit wittert. Aber schliesslich muss man erkennen, dass Tartalkowers schwer fassbares wahres Wesen, die reale Grundlage seiner Erfolge, doch in einer bewunderswerten Arbeitskraft besteht, in einem unermüdlichen Suchen nach Wahrheit, um den angeborenen und immer durchbrechenden Skeptizismus zu bekämpfen.

Dieser Zwiespalt ist die Ursache  seiner berühmten und berüchtigten Paradoxe."

Noch am Ende seiner Laufbahn behielt er weiter seinen romantischen Geist,  und er zauberte eine Partie auf das Brett, die für einen 68jährigen Spieler schon fast undenkbar ist, wobei er ein herrliches, genauestens analysiertes Turmopfer vollführt.

 

Foto: courtesy Arqto. Roberto Pagura, Buenos Aires

 

Hier die Partie zum Nachspielen:

 

http://www.ajedrezdeataque.com/04%20Articulos/31%20Tartakower/Molnar-Tartakower.htm

 

Tartakower vertrat Polen bei den Schacholympiaden 1930, 1931, 1933, 1935, 1937 und 1939, wobei er 1930 in Hamburg mit der polnischen Mannschaft Olympiasieger wurde. Zudem nahm er an den polnischen Landesmeisterschaften 1927, 1935 und 1937 teil.

Er wurde bei seinen beiden letzten Teilnahmen polnischer Meister.

Nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges spielte er für die französische Nationalmannschaft bei der Schacholympiade 1950.

Im gleichen Jahr verlieh ihm der Weltschachbund FIDE den neu geschaffenen Grossmeistertiel in Würdigung seiner erfolgreichen Schachlaufbahn.

1953 gewann er in Paris die französiche Landesmeiterschaft.

 

Seine beste historische Elo-Zahl betrug 2.719 im Januar 1921.

Wenig später, im März 1921, belegte er zeitweilig den dritten Platz auf der nachträglich berechneten Weltrangliste.

Er war für seine Aphorismen bekannt, die nach seinem Namen Tartakowerismen genannt werden, zum Beispiel:

 

* „Die Drohung ist stehts stärker als die Ausführung."

* „ Es ist immer besser, die Steine seines Gegners zu opfern."

* „ Die Fehler sind da, um gemacht zu werden."

* „Der vorletzte Fehler gewinnt."

 

 

 

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Quelle: Javier Fernandez Cordero

 

Nachstehend eine Abbildung seiner letzten Ruhestätte auf dem Friedhof:

 

Cimétiére de Pantin, Paris -  22. Reihe am Rande der L'Allée des Frȇnes.

 

 

Courtesy Rob Bijpost, Holland

 

Sitges (Barcelona), im November 2011


 
 

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