Schach Praline Pos1

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Kann Weiß gewinnen ???

Donnerstag, 2. August 2012

Wie Tschigorin Steinitz eine Lehre erteilte

 
 

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via Schach und Kultur von Frank Mayer am 02.08.12

  
Fotos: wikipedia.org _______________________________________________________________  

 

 

von Javier Fernandez Cordero

Es begann die Zeit des Wandels im Schach; es entstand die von Steinitz eingeführte „moderne Schule", die die alten Theorien  erschütterten, und die „romantischen" Spieler wurden in den Hintergrund gedrängt. Einige widerstrebten diesen neuen positionellen Prinzipien. Mikhail Tschigorin war  zweifellos der brillanteste unter den „Rebellen".Es war ein Jahr her, als William Steinitz die Weltmeisterschaft gegen Mikhail Tschigorin in La Habana 1889 mit folgendem Ergebnis gewann:

 

 

 
Bild: echesspedia.com 

Gleichzeitig war es ein Duell zwischen zwei Philosophien: Steinitz vertrat eine streng „wissenschaftliche" Lehre, nach der es immer einen besten Zug gibt und spektakuläre Kombinationen nur nach einem Fehler des Gegners möglich sind. Tschigorin hingegen galt als „Romantiker", der den Gedanken des schöpferischen Schachs propagierte.

 

 

Die russischen Fans waren sehr unglücklich, weil sie glaubten, dass ihr bester Spieler in jener Zeit durch die Wahl des Standortes benachteiligt gewesen sei: denn er musste aus dem winterlichen St. Petersburg in den warmen und feuchten Sommer von Kuba reisen.

In der Tat wurde nachgewiesen, dass Tschigorin dadurch physisch beeinträchtigt war.

Ein paar Monate später veröffentlichte Steinitz den ersten Band seines Buches "Modern Chess Instructor,"

 

 

 

das dann zu dem Auslöser nachfolgender Geschichte wurde.

 

In diesem Buch empfahl Steinitz ein paar neue „konservative" Varianten im  Evans-Gambit und der Zweispringer-Verteidigung. Tschigorin  veröffentliche seine grundsätzliche Abneigung zu den beiden Linien. Demzufolge erzürnte sich Steinitz und bestand darauf, dass seine Varianten korrekt seien.

 

Um die Richtigkeit herauszufinden, schlug Tschigorin vor ein match von 2 Partien abzuhalten unter der Bedingung, beide genannten Eröffnungen zu spielen.

Steinitz war stets ein mutiger Spieler und nahm die Herausforderung an.

Jedoch bestand ein gewisses Problem, da Tschigorin in Russland weilte, während Steinitz sich in den Vereinigten Staaten aufhielt.

Um beiden Kontrahenten eine lange und mühevolle Reise zu ersparen,  entschied man, das match durch telegraphische Übermittlung  zu spielen.

 

Hughes printing telegraph circa 1890.

Foto: telegraphlore.com

 

Es wurde eine Bedenkzeit von maximal 3 Tage je Zug festgelegt.

Steinitz spielte aus dem Manhattan Chess Club (New York)

 

 

Westlicher Raum um 1890

Foto: piedchessman.blogspot.com

 

und Tschigorin in dem Schachklub von St. Petersburg.

 

St. Petersburg 1890-1900

Bild: Alexanderpalace.org

Das Spiel begann im Herbst 1890 und endete im folgenden Jahr. Man begann im ersten Spiel mit dem Evans-Gambit, einer Eröffnung, in der Tschigorin ein Virtuose war, und diese Tatsache auch bewies, wobei er die Hauptlast der Partie trug und letztlich den ersten Sieg ohne zu grosse Mühe erringen konnte.

(2563945) Chigorin,Mikhail – Steinitz,William [C52]

 

cable match USA (1), 1890

 

1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lc4 Lc5 4.b4 Lxb4 5.c3 La5 6.0–0 Df6 7.d4 Sh6 8.Lg5 Dd6 9.d5 Sd8 10.Da4 Lb6 11.Sa3 c6 12.Le2 Lc7 13.Sc4 Df8 14.d6 Lxd6 15.Sb6 Tb8 16.Dxa7 Se6 17.Lc1 Sg8 18.La3 c5 19.Tad1 Sf6 20.Lc4 Lc7 21.Sd5 Ld6 22.Sh4 Sxd5 23.Sf5 g6 24.Sxd6+ Dxd6 25.Lxd5 Dc7 26.Lxe6 fxe6 27.Lxc5 Ta8 28.Dxa8 Dxc5 29.Da4 Kd8 30.Td2 Kc7 31.Tb1 Td8 32.Tb5 Dc6 33.Db4 d6 34.a4 De8 35.Tb6 Df8 36.Da5 d5 37.exd5 Kb8 38.d6

 

1–0

Endstand:

 

Zum Nachspielen:

 

http://www.chessgames.com/perl/chessgame?gid=1036328

 
Die zweite Partie wurde mit der Zweispringer-Variante von Tschigorin als Führer der schwarzen Steine im „romantischen" Stil mit einem schönen Damenopfer gespielt und gewonnen.

Steinitz  0 – Tschigorin  1          Steinitz   : weiss

Cable match 1890                     Tschigorin : schwarz

 

1. e4 / e5  2. Sf3 / Sc6  3. Lc4 / Sf6  4. Sg5 / d5  5. exd5 / Sa5  6. Lb5+ / c6

7. dxc6 / bxc6  8. Le2 / h6  9. Sh3 / Lc5  10. d3 / 0-0  11. Sc3 / Sd5  12. Sa4 / Ld6

13. Sg1 / f5  14. c3 / Ld7  15. d4 / e4  16. c4 / Se7  17. Sc3 / Le6  18. b3 / Lb4

19. Lb2 / f4  20. Dc2 / Dxd4  21. Kf1 / f3  22. gxf3 / exf3  23. Lxf3 / Lf5

24. Se4 / Lxe4  25. De2

                                   

 

 

/ Lxf3  26. De6+ / Kh7  27. Lxd4 / Lxh1  28. Dh3 / Sf5

29. Le5 / Tae8  30. Lf4 / Sd4  31. Dd3+ / Le4  32. Dxd4 / Txf4  33. f3 / Tef8

34. Dxa7 / c5  35. Dc7 / Sc6  36. a3

                                         

 

 / Txf3+  37. Sxf3 / Txf3+  38. Kg1 / Ld2

 

39. aufgegeben von Steinitz.

Zum Nachspielen:

1. Steinitz vs Chigorin     0-1     38      1890    Cable Match     C59 Two Knights

 

Es war nicht nur ein Duell, sondern es ging um die Entscheidung, wer Recht hatte; es war ein Kampf zwischen gegensetzlichen Sichtweisen im Schach. Steinitz, ein Verfechter des Stellungsspieles mit nicht zu vielen Risiken, immer auf der Suche, das Zentrum zu beherrschen und durch die Anhäufung von kleinen Vorteilen zu gewinnen.

 

 

Gemalt von Elke Rehder

 

 

Tschigorin war ein rein romantischer Spieler mit kreativem Stil, und er versuchte vom ersten Zug an, den gegnerischen König anzugreifen, unabhänig von den Figuren, die dabei auf der Strecke blieben.

 

 

Gemalt von Elke Rehder

 

Diese Partien wurden weltweit bekann und liessen Dr. Emanuel Lasker erklären: "Die Partien per Telegraf verursachten einen tiefen Eindruck auf mich. Steinitz so zu schlagen, erscheint unglaublich."

Im Verlauf des Spiels kam es zu einem Zwischenfall, der schwerwiegende Folgen für Steinitz hätte haben können. Die New Yorker Polizei untersuchte die eingehenden Nachrichten aus dem fernen Russland und fanden Begriffe und Zeichen, von denen sie nicht wusste, dass es sich um Notierungen von Schachpartien handelte. Vielmehr vermuteten sie  einen „cleveren" Geheimcode eines eingesetzten russischen Spiones und verhafteten Steinitz.

Zum Glück wurde nach ein paar Stunden alles aufgeklärt und der österreichische Landsmann wieder freigelassen.

 

Dies mag recht seltsam erscheinen, kam doch recht häufig während des Kalten Krieges vor, weil seinerseits viel Fernschach per Post gespielt wurde, und die Geheimdienste annahmen, dass es sich um verschlüsselte Nachrichten handelte. Einige ähnliche Fälle ereigneten sich noch in der heutigen Zeit, wenn die Mitarbeiter der Geheimdienste eines Landes die Art der Schachnotationen nicht erkannnten.

 

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Sitges (Barcelona), im August 2012


 
 

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