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Kann Weiß gewinnen ???

Freitag, 10. Februar 2012

Samuel Reshevsky, das Wunderkind

 
 

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via Schach und Kultur von Frank Mayer am 08.02.12

Foto: wikipedia.org

 

 

Samuel Herman Reshevsky wurde in der (heute) polnischen Ortschaft Ozorków am 26. November 1911 als das sechste Kind orthodoxer Juden geboren. Er war  ein  junger Mann mit starken religiösen Überzeugungen (nie spielte er Schach nach Sonnenuntergang freitags  und samstags, auch wenn internationale Turniere stattfanden).

Reshevsky ist das Schach-Wunderkind, welches das größte Interesse in der westlichen Welt weckte und unzählige Male in verschiedenen Medien erschien.

Mit 4 Jahren lernte er Schach und spielte Domino mit erstaunlicher Schnelligkeit.

 

Im Alter von 6 Jahren brachten seine Eltern ihn nach Warschau, um Akiva Rubinstein kennenzulernen.

Der berühmte Meister spielte eine Partie mit ihm, um sein Niveau zu erkunden.

Akiva Rubinstein gewann mit einigen Schwierigkeiten. Noch am selben Nachmittag zeigte er dem Kind seine kürzlich gewonnene Partie gegen Lasker und zur Überraschung aller Anwesenden zeigte Samuel Reshevsky dem Meister, wie er die Partie mit 2 Zügen weniger  hätte gewinnen können. Rubinstein war hellauf begeistert und sagte ihm eine große Zukunft voraus. Mit nur 8 Jahren gab er schon Simultanvorstellungen gegen 10 Gegener und beherrschte bereits die Kunst des Blindschachs.

 

 

„Samuel Reshevsky gegen die Welt"

1920

Foto: bestattheboard.com

 

Samuel Reshevsky konnte zu jener Zeit weder lesen noch schreiben, hatte aber ein so ausgeprägtes Gehirn, dass er jeden Erwachsenen schlagen konnte, gegen den er spielte. Der Junge Reshevsky zeigte demzufolge eine ausserordentliche Reife und definierte sein Spiel wie folgt:

"Schachspielen ist für mich so natürlich wie das Atmen. Es ist absolut mühelos."

Es wird überliefert, dass er mit 8 Jahren eine Partie mit dem deutschen Gouverneur von Warschau (von den Deutschen besetzt) spielte. Jener Gouverneur wurde wegen der brutalen Repressionen gegenüber dem polnischen Volk fürchterlich gehasst.

Reshevsky gewann die Partie und mit einem unglaublichen Selbstvertrauen sagte er ihm ins Gesicht: "Sie können uns töten, aber ich gewinne gegen Sie."

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges gab Reshevsky  in mehreren europäischen Städten (Berlin, Rom, Paris, Wien …) Simultanvorstellungen, wodurch er noch bekannter wurde.

 

 

1922 mit Charlie Chaplin

Foto: American Chess Bulletin, January 1922, page 2)

 

 

In seiner Biographie schrieb Samuel:

"Überall dort, wo ich Vorstellungen gab, strömten Massen von Zuschauern herbei, um mich spielen zu sehen.

Während den folgenden 4 Jahren war ich eine Frage der öffentlichen Neugier:

die Leute schauten mich erstaunt an und versuchten, mich zu streicheln, mir Fragen zu stellen, die Ärzte massen meinen Schädel und unterzogen mich einer Psychoanalyse. Journalisten interviewten mich und schrieben wunderbare Geschichten über meine Zukunft, und die Fotografen hatten ihre Kameras immer bereit und richteten sie auf meine kleine Person.

 

Die mit mir von den Ärzten durchgeführten Tests ergaben, dass ich ein besonders begabter Junge war. Obwohl ich keine formelle Ausbildung hatte, konnte ich mathematische Probleme lösen, an die sich andere Kinder nicht einmal herantrauten."

Im Jahr 1920 zog er mit seiner Familie in die Vereinigten Staaten, wo er zwei Jahre lang Simultanvorstellungen in allen Teilen des Landes gab. Seine erste Vorstellung fand in der Militärakademie von West Point statt. Samuel spielte gegen 20 Gegner und gewann 19 Partien und mit einem Remis. Die entstandene Erwartung war so groß geworden wie seinerzeit in Europa, und die Leute warteten in langen Schlangen, um ihn spielen zu sehen.

Er spielte über 1500 Partien im ganzen Land und musste nur neun Niederlagen hinnehmen.

Samuel war ein Schachgenie, was  eine verlorene Kindheit zur Folge hatte. Er besuchte keine Schule und seinen Eltern wurde diese Unterlassung vorgeworfen, so dass sie sich vor einem Gericht in Manhattan rechtfertigen mussten.

Im Jahr 1922 wurde er zum ersten Mal zu einem Meister-Turnier  in New York eingeladen, und er schaffte den 3. Rang. Viele seiner Fans waren ein wenig enttäuscht, aber was will man von einem 11-jährigen Jungen mehr erwarten?

 

Doch seine Eltern erkannten den übermäßigen Druck, dem  Samuel ausgesetzt war und beschlossen, dass ihr Sohn aufhörte,  überall herumzureisen und Simultanvorstellungen zu geben. Vielmehr veranlassten sie, dass er eine gute Ausbildung bekam. Somit war Samuel Reshevsky 10 Jahre lang vom Schach entbunden. Im Jahr 1931 erhielt er einen Buchhalter-Diplom an der University von Chicago und beschloss danach, seine schachliche Laufbahn wieder aufnehmen, aber nicht in einer ganz professionellen Art und Weise, so dass er sie mit seiner Arbeit koordinieren konnte.

Trotz allem dauerte Reshevskys Karriere sehr lange,  und er spielte Turniere bis 1991. Sein letzter Auftritt fand in einem Veteranen-Turnier in Moskau statt, bei dem Efim Geller gewann und Samuel Reshevsky den 6. Platz erzielte (im Alter von 80 Jahren !!!).

Wahrlich eine langwährende Laufbahn, bei der er sich in seinem Leben mit allen Weltmeistern messen konnte, ausser dem ersten, William Steinitz, und dem letzten, Gary Kasparov.

Er zeigte seine besten Leistungen in den frühen 40er und 50er Jahren, so dass er zum Turnier im Jahre 1948 eingeladen wurde, welches den neuen Weltmeister nach dem Tod von Aljechin entscheiden sollte.

Fünf Meister wurden ausgewählt: Reshevsky, Botwinnik, Keres, Smyslov und Euwe.

Botwinnik dominierte von Anfang an und hielt Reshevsky auf sichere Distanz.  Im letzten Teil des Turnieres gelang es Smyslow, noch Reshevsky zu überholen.

Keres und Reschevsky teilten sich den dritten und vierten Platz, da bei Punktgleichheit keine Feinwertung angewandt wurde.

 

Botwinnik wurde überzeugend der neue Weltmeister.

 

 

 

Weltmeisterschaft 1948

 

Foto: worldchesschampions.com

 

Reshevsky konnte nicht den Titel des Weltmeisters gewinnen, aber er war der einzige Spieler, der während 2 Jahrzehnten den sowjetischen Spielern die Stirn bieten konnte, also in einem Zeitraum, wo sie die Schach-Welt so dominierten.

 

Samuel lehnte die Einladung zum ersten Kandidaten-Turnier in der Geschichte (1950) ab, aber er entschied sich an den folgenden zwei Turnieren teilzunehmen:

 

1953 gelang es ihm in Zürich, den geteilten 2. Platz mit einer großartigen Leistung zu erringen, unterlag aber letztlich der Macht der sowjetischen Schacharmee.

 

 

Abschlusstabelle

 

 

 

 

Kandidaten-Turnier Zürich 1953

 

Foto: endgame.nl

 

 

Anmerkung:

Wie David Bronstein später einräumte, kam es bei diesem Kandidatenturnier auf Druck von Funktionären zu Partieabsprachen unter den sowjetischen Teilnehmern, um einen Turniersieg Reshevskys zu verhindern.

 

Bei einem nochmaligen Anlauf verlor er 1968 im Viertelfinale des Kandidatenturnieres gegen Viktor Korchnoi.

 

 

Seine hervorragenden Leistungen hörten hier nicht auf, denn er erzielte eine beeindruckende Bilanz bei den Meisterschaften der Vereinigten Staaten in dem Zeitraum  von 1936 bis 1942, wobei er keine der 75 gespielten Partien verlor.

Foto: chess.com

Sein eigentlicher Schwachpunkt waren seine spärlichen Kenntnisse in den Eröffnungen, denn für einen guter Angriffspieler wie er waren die Eröffnungen zwar eine Verpflichtung, aber er war nie richtig geneigt, sich damit zu befassen. Damit war verbunden, dass er während dieser Phase des Spiels improvisierte, wobei er kostbare Minuten verlor, während seine hochkarätigen Gegner rasch zogen. Der sich dadurch oft ergebende Zeitdruck in langen Partien konnte er mit seiner großen Fähigkeit  im schnellen Spiel ausgleichen.

Er spielte dann mit einer unglaublichen Genauigkeit, je mehr er unter Zeitdruck stand.

Es ist möglich, dass diese mangelnde Vorbereitung aufgrund der „schachlichen"  Sättigung zu suchen ist, die er während seiner Kindheit erlebte.

Zwischen den Turnieren bevorzugte er, sich auszuruhen und nichts zu tun, während sich seine Rivalen gründlich vorbereiteten. Diesen Mangel glich er mit einer enormen Leistung aus, wenn er vor dem Brett saß.

Man darf sagen, dass niemand einen Meister gesehen hat, der so Schach spielen konnte wie Rehevsky; fast ohne Vorbereitung und schnellem Denken in komplizierten Stellungen, was kaum zu überbieten war.

 

Die Frage ist, wie weit er mit einem soliden Eröffnungsrepertoire gekommen wäre. Sein Stil basierte auf einem guten Verständnis für die Position und die ständige Suche nach kleinem materiellen Gewinn Zug um Zug. Er zeigte sich aber auch als ein guter Angriffsspieler und konnte sich mit Grossen in dieser Disziplin messen.

Reshevsky war ein praktizierender orthodoxer Jude, der stets den Sabbat respektierte. Die Veranstalter kannten diese Tatsache, so dass sie gezwungen wurden, den Zeitplan für die Partien zu ändern, wenn sie Samuel Reshevsky unter den Teilnehmern haben wollte.

Sein Spielniveau war besonders hoch in den ersten 20 Jahren seiner Karriere. Bis 1970 gewann er viele Turniere und seine schlechteste Leistung war der 5. Platz bei der amerikanischen Meisterschaft 1960 und setzte sich bis 1964 fort, wo er nur den 8. Rang bei dem Interzonenturnier in Amsterdam erreichte.

 

Es besteht überhaupt keine Notwendigkeit, seine Verdienste anzuzweifeln und zwar in einer Zeit,  wo fast alle Turniere mit Weltklassespielern besetzt waren.

 

Nachstehend eine Zusammenfassung eines grossen Teiles seiner Leistungen:

 

 

Ergebnisse von Samuel Reshevsky

 

 

Ergebnisse Einzel-Matches

 

1966

foto fenach.cl

 

 

Während des letzten Abschnittes seiner Laufbahn gelangen im weitere unglaubliche „Erfolge", wie den 6. Rang im Reykjavik-Open 1984 (im Alter von 73) oder den 3. Platz bei der amerikanischen Meisterschaft 1981 (im Alter von 70).

Aber noch bemerkenswerter ist, wie ein Mensch trotz allem ein normales und ausgeglichenes Leben führen konnte nach der schrecklich aufreibenden Kindheit, sich anpasste, reichlich spät die Schule bis zum Abschluss besuchte, dann zur Universität ging und eine Familie zu gründete.

Nie wurde bei ihm ein Zeichen des gestörten Seins bemerkt, besonders wenn man an  die schwierigen Zeiten denkt, die er als Kind erleben musste.

Die "offiziellen" Reshevsky-Statistiken umfassen 210 Siege, 356 Remise  und 124 Niederlagen.

Seine beste historische Elo-Zahl betrug 2.785 die er im Oktober 1953 erreichte.

Zeitweise war er auch der beste Spieler der Welt.

Aufgrund seiner internationalen Erfolge erhielt er 1950 von der FIDE den Titel des Grossmeisters.

 

 

Lugano 1988

 

Foto: chesshistory

 

 

1941 heiratete er seine Frau Norma, mit der er zwei Kinder hatte.

 

Samuel Reshevsky starb im Alter von 80 Jahren (1992) nach einem Herzanfall.

 

Kommentar:

Wassili Smyslow sagte einmal über ihn:

„Ein zäher kleiner Mann mit brillanten Ideen" (TIME, 2. November 1953)

 

 

Nachstehend noch Abbildungen von Büchern von Samuel Reshevsky oder

über ihn:

 

 

Foto: chessbase.com

Foto: docstoc.com

 

 

 

Foto: amazon.com

Foto: chessbase.com

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Quellen: Ajedrez de Ataque, wikipedia, Bernhard Kagan, S. Reshevsky

 

Sitges (Barcelona), im Februar 2012


 
 

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