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Kulturhauptstadt 2014 würdigt WM-Sieg von Michail Tal
Von Hartmut Metz
Mir blieb nur noch meine Musik!" Mit dieser legendären Aussage fasste Mark Taimanow die ganze Tragödie in einen Satz, die ihm seine 0:6-Schlappe gegen den Amerikaner Bobby Fischer einbrockte. Der Konzertpianist wurde nach seiner Demütigung im WM-Kandidatenturnier 1971 ungeachtet seiner vorherigen Meriten zwei Jahre lang in der Sowjetunion vom Schach ausgesperrt. Daran änderte auch nichts, dass Fischer hernach mit unglaublichen 19 Siegen in Folge auf den WM-Thron stürmte.
Schach und Musik sind aber nicht erst seit Taimanow eng verbunden. Bereits der erste Meister des königlichen Spiels galt auch als Könner mit den Noten: François-André Danican Philidor (1726-1795) komponierte 26 Opern. Seine Kantate nach Versen von Horaz wurde weltberühmt. Die Partitur überließ er Katharina der Großen, nachdem die Zarin ihn darum bat.
Gar ein Match zwischen zwei Musikern fand 1937 statt: Die Freunde Sergej Prokofjew und David Oistrach waren auch fanatische Schachspieler, die sich in Moskau in einem offiziellen Zweikampf maßen. Weil aber schon nach sieben der zehn angesetzten Partien klar war, dass Prokofjew deutlich die Oberhand behält, begab sich Geigenvirtuose Oistrach gleich auf die Tour außerhalb Moskaus, die der Verlierer antreten musste … Robert Schumann, Richard Strauss, Nikolai Rimski-Korsakow und andere Komponisten frönten ebenso dem Denksport.
Umgekehrt legte man Wassili Smyslow nahe, seine Schachkarriere an den Nagel zu hängen und sich einer Sängerkarriere am Moskauer Bolschoi-Theater zu widmen. Der Russe wurde aber lieber doch 1957 Weltmeister.
Smyslow wurde ein Jahr später von Michail Botwinnik im Revanchekampf entthront. Dasselbe Schicksal erlitt Michail Tal 1961 nach einjähriger Regentschaft. Dem „Hexer von Riga" soll im nächsten Jahr in seiner Heimatstadt, wo er 1936 geboren wurde, eine Oper gewidmet werden! Die lettische Metropole und Umeå (Schweden) sind 2014 Europas Kulturhauptstädte. Riga plant mehr als 200 kulturelle Veranstaltungen, darunter die Oper „Schach". In ihr geht es um Tals WM-Match 1960.
Ob sich die Oper zu einem Klassiker wie das Musical „Chess" der Abba-Komponisten entwickelt, aus dem noch heute bei Schachturnieren gerne vor dem ersten Zug „One Night in Bangkok" erklingt, bleibt abzuwarten. Hochkarätig gewürdigt wird der „Hexer von Riga" aktuell beim mit Weltklassespielern gespickten Tal-Memorial in Moskau, wo der Lette 1992 starb.
Tal war ein charismatischer Angriffsspieler. Seine Opfer waren gefürchtet! Oft erwiesen sie sich bei der späteren Analyse als inkorrekt – was seinen Ruf begründete, der „Hexer von Riga" würde mit seinen großen, dunklen Augen die Gegner hypnotisieren und zu Patzern verleiten. Nach zwei Niederlagen drohte das Match gegen Botwinnik 1960 zu kippen. Doch mit der nachfolgenden Kombination zog Tal in der 17. Partie wieder davon und wurde mit einem 12,5:8,5 der achte Weltmeister der Schach-Geschichte.
W: Tal S: Botwinnik
1.e4 c6 2.d4 d5 3.Sc3 dxe4 4.Sxe4 Lf5 5.Sg3 Lg6 6.Lc4 e6 7.S1e2 Sf6 8.Sf4 Ld6 9.Sxg6 hxg6 10.Lg5 Sbd7 11.0–0 Da5 12.f4 0–0–0 13.a3 Dc7 14.b4 Sb6 15.Le2 Le7 16.Dd3 Sfd5 17.Lxe7 Dxe7 18.c4 Sf6 19.Tab1 Dd7 20.Tbd1 Kb8 21.Db3 Dc7 22.a4 Th4 23.a5 Sc8 24.De3 Se7 25.De5 Thh8 26.b5 cxb5 27.Dxb5 a6 28.Db2 Td7 29.c5 Ka8 30.Lf3 Sc6 31.Lxc6 Dxc6 32.Tf3 Da4 33.Tfd3 Tc8 34.Tb1 Dxa5 35.Tb3 Dc7 36.Da3 Ka7 37.Tb6 Dxf4 38.Se2 De4 39.Db3 Dd5?? Ein dicker Schnitzer. Der mit 48 Jahren mehr als doppelt so alte Titelverteidiger patzte in diesem Match häufig um den 40. Zug herum gegen den ungestümen 23-jährigen Herausforderer. Ka8! 40.h3 g5 verspricht Schwarz etwas Vorteil. Trotz der zwei Mehrbauern ist die Lage allerdings nicht so klar, weil Weiß taktische Motive in petto hat. 40.Txa6+! Kb8 bxa6 führt sofort zum Matt. 41.Db6+ Ka8 42.Dxa6+ Ta7 43.Dxc8 matt. 41.Da4 41.Da3 ist noch stärker, aber beide Züge reichen problemlos zum Sieg. Botwinnik gab auf wegen Kc7 42.Da5+ Kb8 43.Ta8 matt. 1:0.
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