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Zusammengestellt von Frank Mayer
Kommentar:
anlässlich des 70. Jahrestages des Beginnes des II. Weltkrieges 1939, einer der grauenvollsten Kriege in der Geschichte der Menschheit, erlaube ich mir mit diesem Artikel nochmals an die schrecklichen Ereignisse an Weihnachten 1942 in Stalingrad zu erinnern mit dem Ziel, dass ein solches Verschulden niemals vergessen werden darf, und ich richte mich auch besonders an die Jugend, die vielleicht diese deutsche Vergangenheit nur im Schulunterricht oder vom Hörensagen erfahren hat.
Vorspann:
Erinnerung:
Ende August 1942 erreicht Generalmajor Paulus mit der 6. Armee die Stadt Stalingrad (heutiges Wolgograd) und erobert die Industriemetropole bis Mitte November in erbitterten Häuserkämpfen zu etwa 90 Prozent.
Am 19. November kommt es zur Gegenoffensive der Roten Armee. Innerhalb von drei Tagen werden die noch lebenden 250.000 deutschen gemeinsam mit über 30.000 rumänischen und russischen Hilfssoldaten von der Roten Armee eingeschlossen. Die Situation ist militärisch aussichtslos und der Nachschub reicht nicht zur Versorgung der Truppen. Paulus bittet um die Erlaubnis zum Ausbruch und Abkehr von Stalingrad, aber Hitler verweigert. Am 23. Dezember wird ultimativ der Durchhaltebefehl erneuert. Bei Temperaturen von mehr als 40 Grad Minus
verknappt sich die durchschnittliche Tagesration auf zwei Schnitten Brot, etwas Tee und dünne Suppe. Tausende Wehrmachtssoldaten verhungern.
Die menschliche Tragödie ist komplett.
150.000 deutsche Soldaten sind in diesem Kessel gestorben! Wie viele Rumänen, wie viele Russen? Insgesamt vielleicht eine Million.
Hoffnungslosigkeit
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Weihnachten 1942
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Soldaten schreiben mit der Feldpost:
Stalingrad, den 24. Dezember 42
Liebe Mama! Zu Deinem Geburtstag die herzlichsten Glückwünsche und alles Gute. Ich wünsche, dass Du diesen Tag noch recht oft und bei bester Gesundheit erlebst.
Am 11. Januar werde ich ganz besonders an Dich, liebe Mama, denken. …
Wir haben uns gerade einen Adventskranz
gemacht, der gleichzeitig auch als Weihnachtsbaum dienen muss. Ein kleiner grüner Adventskranz, Zigarettenpapier als Lametta usw., nun ist die Weihnachtsstimmung da. Die Gedanken sind zu Hause bei der Familie, bei den Eltern und Geschwistern.
Die rauhe Wirklichkeit sieht natürlich bedeutend anders aus, man braucht nur wenige Schritte tun, dann spürt man den Krieg. …
Stalingrad, den 24. 12. 42
Lieber Otto! … Wir trinken heute abend im Bunker an der Wolga einen Grog, das ist dann unsere Weihnachtsfeier. Nach acht Monaten holen wir heute zum erstenmal wieder unsere Instrumente hervor und spielen für die Kameraden Weihnachtslieder. Zum Schluss spielen wir dann das Wolgalied, dabei stehen wir aber wirklich an der Wolga. …
Zwischendurch vertreiben wir uns die Zeit mit Schachspielen. Allerdings hatten wir keine richtigen Figuren, sondern haben sie uns selbst geschnitzt. Etwas klobig und nicht formgerecht, aber wir wissen, welche Figuren dargestellt werden sollen.
Szene aus dem Film "Der Arzt von Stalingrad"
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Stalingrad, Sonnabend, den 26. 12. 42
Meine liebe Ruth und mein liebes Mäusel! … Ich muss Dir die Mitteilung machen, dass ich ohne auch nur einen Weihnachtsgruß war. Es ging mir aber nicht allein so.
Am Heiligabend, bei Eintritt der Dunkelheit, also um 3 Uhr (Anmerkung: an allen Fronten galt die mitteleuropäische Zeit) begann die Feier innerhalb des Musikkorps, dazu der Komp.-Chef und noch einige Offiziere.
Jeder hatte seine Weihnachtsgaben vor sich liegen, die aus einer Tafel
Schokolade, 30 Zigaretten und noch Kleinigkeiten bestand. Außerdem
hatten wir Tee mit Rum zum trinken. Es wurden auch einige
Weihnachtslieder gesungen.
Liebe Ruth, ich glaube ich brauche mich nicht zu schämen, wenn ich Dir sage, dass ich weich dabei geworden bin.
Während dieser Stunde waren meine Gedanken nur bei Euch, meine
Lieben. … Ich hatte wirklich eine eigenartige Stimmung. Wir sind nun
einmal in einer so komischen Lage, so dass wir auf vieles verzichten
müssen. In normalen Verhältnissen wären wir sicher überflutet mit Post
von unseren Lieben und Verwandten, aber unter diesen Umständen hatte ich keinen Brief oder Päckchen zu Weihnachten. …
Aber wie gesagt, unsere augenblickliche Lage hat Schuld daran, dass wir keine Post bekommen haben. …
Nach unserer Feierstunde wurde die Musik verteilt, um bei verschiedenen Einheiten im Bunker etwas Musik zu machen.
Um Mitternacht kam dann der Knalleffekt.
Das gesamte Musikkorps, soweit überhaupt anwesend, versammelte sich an einer Ecke.
Dann gingen wir auf einen ziemlich freien Platz (Erhöhung) einige 100 Meter vor der Wolga und spielten einige Weihnachtslieder. Wir waren auf das Schlimmste gefasst, denn der Russe konnte doch schon mithören, und wir wussten aber nicht, wie er darauf reagieren würde.
Aber es blieb außer der Musik in dieser stillen Heiligen Nacht wirklich alles still. ..,
und wir zogen uns dann in unsere Unterkunft zurück, ohne dass ein Schuss auf uns fiel.
Es war ein einmaliges Erlebnis. Es war alles mit größter Schwierigkeit verbunden, da es ja viel zu kalt war, so dass verschiedene Instrumente einfroren. Aber wie gesagt, es war unter diesen Umständen alles gut genug.
Wir wollten ja nicht den Russen mit unserer Musik erfreuen, sondern unsere Kameraden, die vorn in Stellung lagen. Der Russe hat sich sicher auch gefreut jenseits der Wolga über die schöne Musik, denn sonst hätte er sicher geschossen.
Das Wolgalied:
(Musik von Franz Lehár)
(Text von Bela Jenbach u. Heinz Reichert)
Allein! wieder allein!
Einsam wie immer.
Vorüber rauscht die Jugendzeit
In langer, banger Einsamkeit.
Mein Herz ist schwer und trüb mein Sinn,
Ich sitz' im gold'nen Käfig drin.
Es steht ein Soldat am Wolgastrand,
Hält Wache für sein Vaterland.
In dunkler Nacht allein und fern,
Es leuchtet ihm kein Mond, kein Stern.
Regungslos die Steppe schweigt,
Eine Träne ihm ins Auge steigt:
Und er fühlt, wie's im Herzen frißt und nagt,
Wenn ein Mensch verlassen ist, und er klagt,
Und er fragt:
Hast Du dort oben vergessen auch mich?
Es sehnt doch auch mein Herz nach Liebe sich.
Du hast im Himmel viel Engel bei dir!
Schick' doch einen davon auch zu mir.
copyright www.detlefnietsch.de
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Der Maler selbst schreibt:
„Als ich die Weihnachtstür, die Lattentür unseres Bunkers öffnete und die Kameraden eintraten, standen sie wie gebannt, andächtig und ergriffen schweigend vor dem Bild an der Lehmwand, unter dem ein Holzscheit brannte. Sie lasen die Worte Licht, Leben, Liebe."
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Aus der heutigen Sicht fragen wir uns:
Gibt es ein Recht auf Vergessen?
Diese Frage möchten wir mit einem weiteren Brief beantworten:
"Mein geliebter Onkel Tollo, Ehemann meiner Patentante, verstarb im Alter von 87 Jahren. Er war Spätheimkehrer einer dieser 6.000 Überlebenden von Stalingrad. Zuhause hieß es, dass er nicht gern darüber spreche. Das war mir seltsam, denn meine Eltern lehrten mich Offenheit. Vielleicht war ich zwölf Jahre alt, als ich ihn einfach fragte, und es war ein Schock, dass unser "Großer weißer Büffel" (sein späterer Spitzname) unerwartet Tränen vergoss.
Ich kann mich nicht erinnern, was er eigentlich sagte; nur an meine Schuld erinnere ich mich, ihn überhaupt gefragt zu haben, was er zu vergessen versuchte, worauf er ein Recht hatte. Ein Recht auf Vergessen? Das durfte nur sein, weil er mein geliebter Verwandter war, aber doch nicht im allgemeinen, wenn andere aus dem Vergessen ihre Mythen bilden und Verbrechen zu Heldentaten verklären!"
copyright antiquariat.com
Quellen: wikipedia.org
Volskbund.de
Verschiedene Kriegsarchive
Sitges (Barcelona), Weihnachten 2009
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